28 Nov Experience ist das neue Gold. Zur Zukunft von Events
„Experience ist das neue Gold“ hat unlängst der Direktor Strategisches Marketing bei der Frankfurter Buchmesse Markus Gogolin formuliert, mit Blick auf die derzeit tiefgreifenden Veränderungen im Veranstaltungsmarkt. Was ist dran an Erlebnis, Unterhaltung oder Interaktion als den häufigsten Keywords, wenn es um die Zukunft von Events geht?
Nichts hat die Veranstaltungsbranche wohl so verändert wie die Digitalisierung. Inzwischen ein Allgemeinplatz, verbunden mit dem Hinweis, dass es nicht nur mehr keine Exklusivität von Informationen und Wissen gibt, sondern auch die reine Vermittlung von Fachwissen längst nicht mehr ausreichend ist, um erfolgreich am Markt zu bestehen.
Neue Veranstaltungsformen von Herstellern und Startups
Zwar kommen immer noch vier der zehn erfolgreichsten Messegesellschaften der Welt aus Deutschland, das mit der Messe Frankfurt Weltmarktführer in Bezug auf die Flächenpräsentation ist. Doch besonders die klassischen Messeveranstalter werden immer häufiger als langweilig und innovationsarm kritisiert.
Auf dem Vormarsch sind neue Formate und besonders die Hersteller selbst rüsten ihre Kundenveranstaltungen kreativ auf. Bestes Beispiel ist sicher Mercedes mit seiner Me Convention unlängst auf der IAA, eine neue Veranstaltungsform, mit dem der Autobauer unter der Überschrift Mobilität Experten und Interessenten zum gegenseitigen Austausch zusammenbrachte. Das war kein Kongress im herkömmlichen Sinne, sondern ein branchenübergreifendes Event.
Die Bewegung im Veranstaltungsmarkt ist deutlich zu verspüren. Viele andere Unternehmen sind mit innovativen Veranstaltungskonzepten unterwegs und der Adobe Summit oder die Dreamforce von Salesforce sind zu festen Termine im Digitalen Business geworden. Weitere innovative Events speziell von Startups drängen seit ein paar Jahren auf den Markt, darunter Veranstaltungen wie die Online Marketing Rockstars, die Gamescon oder Bits & Pretzels, die den klassischen Veranstaltern einiges Kopfzerbrechen bereiten dürften.
Klassische Veranstalter unter Zugzwang
Bei ihnen gibt es nicht nur Absagen von großen Kunden bei Events, die bisher ein „Have to be there“ waren (so nahm Volvo 2017 nicht an der IAA teil, Deutschlands größte Mediaagentur Mediacom blieb der dmexco weitgehend fern), sondern Veranstalter beenden bisher erfolgreiche Formate – jüngstes Beispiel die bisher wichtigste Dialogmarketing-Messe, die Co-Reach in Nürnberg.
Inzwischen haben viele Messe- und Kongressveranstalter den Bedarf erkannt. Sie nutzen inzwischen sehr viel stärker digitale Tools zum Gewinnen von Kunden und Interessenten. Für das Netzwerken, längst einer der wichtigsten Gründe für einen Konferenzbesuch, stellen sie entsprechende Apps und Networking-Zonen zur Verfügung. Doch es fehlen immer noch sehr viel breiter aufgestellte Messe- und Kongresskonzepte, die eine branchenübergreifende Vernetzung forcieren, wie sie Mercedes mit der MeConvention beispielhaft entwickelt hat. Ein Anfang wäre zum Beispiel, wenn die Veranstalter die Events aus ihrem eigenen Portfolio besser miteinander vernetzen würden, denn bereits da liegt viel Potential brach.
Dazu wird immer wieder die Frage gestellt, ob eine unmittelbare lokale Zusammenkunft in Messehallen für Unternehmen heute noch nutzbringend und zeitgemäß ist. Veranstaltungen wie die Tech Open Air in Berlin brechen deshalb bewusst mit diesen starren Rahmen und kreieren jedes Jahr ein „Festival meets Konferenz Format“ neu, mit über 200 Satellite-Events in der ganzen Stadt, mit der Verknüpfung von unterschiedlichsten Disziplinen wie Technologie, Musik, Kunst und Wissenschaft und vor allem mit enger Anbindung an den Standort Berlin mit seinem Tech und Startup Ökosystem.
Die Tech Open Air sind ein gutes Beispiel dafür, wie ein anfänglich gecrowdfundetes Festival innerhalb einer recht kurzen Zeit zu einer Veranstaltung internationaler Größe heranwachsen und inzwischen große Namen gewinnen kann. Das ist vor allem mit überraschenden Inhalten und Querverbindungen, Interaktionsmöglichkeiten und Eventerlebnissen der besonderen Art gelungen, mit Unterhaltung und Kontaktmöglichkeiten, die weit über die eigene Branche hinausführen.
Alles Elemente, die online schwer zu ersetzen sind und die deshalb für Veranstaltungen sprechen, von denen es in den kommenden Jahren sicher kaum weniger geben wird, schon weil Unterhaltung, Netzwerken, persönliche Kontakte und multisensorische Erlebnisse eben offline sehr viel besser funktionieren. Dafür müssen sich Veranstalter aber künftig weiter konzeptionell öffnen und branchenübergreifend mit Blick auf die Bedürfnisse ihrer Teilnehmer die bisherige Formate überdenken und Raum für neue Entwicklungen schaffen.
Fotos: Flickr, Chinwag; Flickr, tracy the astonishing
Weiterführende Links
- Bier oder Business? Wie sich Messen durch junge Formate grundlegend reformieren, Absatzwirtschaft 10/2017
- Die Messe der Zukunft ist ein Happening und noch keine Virtualisierung, Absatzwirtschaft 10/2017
- Studie: Tagung und Kongress der Zukunft, Referentenblog 2013
- Wie die Veranstaltungsbranche von der Digitalisierung profitiert, Referentenblog 2017
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