18 Mai Studie: Was Teilnehmer nun von Veranstaltungen erwarten
Viele Konferenzanbieter stellen ihre analogen Veranstaltungen auf ein digitales Geschäftsmodell um. Welche Möglichkeiten virtuelle Eventformate ermöglichen und wie erfolgreiche Veranstaltungen künftig sein können, zeigt eine interessante Langzeitstudie aus der Wissenschaft und Praxis.
„Future Meeting Space“ ist ein Innovationsverbund von Forschern und Praktikern, die seit 2015 untersuchen, welche technischen, organisatorischen und räumlichen Bedingungen zu erfolgreichen Veranstaltungen führen, immer mit Blick auf die Zukunft einer ganzen Branche.
Das German Convention Bureau e. V. (GCB) hat dafür mit dem Europäischen Verband der Veranstaltungs-Centren e. V.. dem Fraunhofer-Institut für Arbeitswirtschaft und Organisation und weiteren Forschungspartnern zusammengearbeitet.
Zuerst wurde in den Jahren 2015/16 auf Basis von Literatur- und Technologierecherchen, Experteninterviews und Fokusgruppen ein Innovationskatalog erarbeitet, woraus dann sechs sogenannte „Future Meeting Szenarien“ entwickelt wurden, also für die Veranstaltungswirtschaft zukünftig bedeutsame Szenarien. Stichworte dafür sind Interaktion und Flexibilität, Kurzfristigkeit und Zeiteffizienz sowie Sicherheit und Erlebnis.
In einer zweiten Forschungsphase 2017/18 lag der Fokus auf der Untersuchung unterschiedlicher Teilnehmertypen von Konferenzen und Kongressen und die Frage, wie sich die Nutzung unterschiedlicher methodischer und technologischer Elemente bei Events auf Wissensvermittlung, Lernerfolg, Netzwerken und Erlebniswert bei unterschiedlichen Teilnehmertypen auswirkt.
In der letzten, gegenwärtig noch laufenden Forschungsphase geht es um die zukünftige Rolle von Veranstaltungen im Kommunikationsmix von Organisationen.
Ich habe diese Szenarien als Stichwortgeber genutzt, um einige Gedanken zur aktuellen und zukünftigen Situation der Veranstaltungsbranche zu notieren.
Interaktion, Flexibilität und Customization
Die Teilnehmer wollen bei Veranstaltungen aktiver agieren und mitgestalten. Auch der Wunsch nach Events, die individuell auf die eigenen Bedürfnisse zugeschnitten sind, Stichwort „Customization“, nimmt zu. Die unternehmerische Strategie, Produkte und Dienstleistungen individuellen Kundeninteressen anzupassen, hat die Veranstaltungsbranche erreicht.
Hierfür werden zum Beispiel die Schaffung virtueller Räume und die Vernetzung der Teilnehmer durch großformatige und intuitiv bedienbare Kollaborationstechniken vorgeschlagen. Kollaboration, also die gemeinsame Zusammenarbeit, hat daneben besonders bei der Wissensvermittlung eine große Bedeutung, denn Wissen zu teilen und neues Wissen gemeinsam zu erstellen ist nachhaltig.
Dafür sollten Konferenzanbieter nicht nur spezielle Formate wie etwa TED Talks, World Cafés oder anderes einbinden, sondern das Wissen online anbieten. In der aktuellen Situation, in der Kongresse und Konferenzen fast nur virtuell stattfinden dürfen, können Veranstalter durch verschiedene Online-Tools sehr gut auf die Bedürfnisse der Teilnehmer nach Mitgestaltung, individuellen Angeboten und Zusammenarbeit eingehen.
Die technischen Tools schaffen hierfür eine hohe Flexibilität bei der Größe und Ausstattung von virtuellen Räumen. So können Teilnehmer bei einer virtuellen Konferenz beispielsweise unproblematisch von einem Einzelevent zu einer andere Veranstaltung wechseln und sich ihr individuelles Programm zusammenstellen. Die Vernetzung und der gemeinsame Austausch untereinander sind zentrale Veranstaltungselemente, die sich gezielt durch Matchmaking-Tools online und offline unterstützen lassen.
Kurzfristigkeit und Zeiteffizienz
Die Kurzfristigkeit betreffend Aktualität und Innovation ist ein weiteres Szenarium mit Einfluss auf die Veranstaltungen der Zukunft. Aktualität und Innovation von Konferenzprogrammen sind durch den zeitlichen Vorlauf von Veranstaltungen gewisse Grenzen gesetzt. Allerdings erwarten Teilnehmer in Zeiten, in denen sich Innovationszyklen weiter verkürzen entsprechende Angebote auf Veranstaltungen.
Hier kann ein Mix aus virtuellen und aktuellen Angeboten vor Ort eine gute Synergie schaffen. Derzeit lassen sich bei virtuellen Events aktuelle Themen sehr kurzfristig online einbauen und lange geplante Programme sind dadurch gut zu ergänzen. Sicherlich werden sich die Erfahrungen damit in künftigen Veranstaltungsplanungen niederschlagen.
Beim Szenarium Zeiteffizienz haben die Forscher die wachsende Belastung von Führungskräften im Arbeitsalltag im Blick gehabt und deren Schwierigkeiten, sich längere Zeit aus dem Alltagsgeschäft zu verabschieden. Neuartige Veranstaltungsformen wie zum Beispiel Co-Working-Kongresse lassen neben Wissenserwerb, Netzwerkaufbau und -pflege genügend Zeit, notwendige Arbeiten des Berufsalltags zu erledigen.
Aus Effizienzgründen wird die Attraktivität von virtuellen Angeboten insgesamt zunehmen, weil sie sich leicht in den beruflichen Alltag integrieren lassen und zeit- und kostenaufwendige Reisen und Übernachtungen entfallen.
Sicherheit und gemeinsames Erlebnis
Ein wichtiges Thema bei Live und Online Konferenzen ist die Datensicherheit bei personenbezogenen Daten. Die Veranstaltungen finden zunehmend gemischt als Online und Präsenzkonferenz statt und die Kommunikation erfolgt via Konferenzsoftware und Social Media.
„Nur eine Veranstaltung, die ein besonderes emotionales Erlebnis schafft, bleibt in Erinnerung.“ Das ist schon lange keine Zukunftsmusik mehr, sondern zunehmend vielen Veranstaltern bewusst. Und die Branche hat sich diesbezüglich bereits stark gewandelt, Stichwort Festivalisierung-, wobei erlebnisorientierte Formate stark zugenommen haben. Erlebnisse lassen sich auch online erschaffen: In virtuell eingerichteten Räumen und vor allem mit Mitteln der Virtual und Augmented Reality.
Das Projekt Future Meeting Space wird im Herbst 2020 die theoretischen Erkenntnisse in die Praxis umsetzen. Das GCB, unterstützt von vielen Partnern und der Deutschen Bundesstiftung Umwelt, will mit dem Test-Lab „BOCOM – Experience Borderless Communication“ einen räumlich-verteilten Kongress proben.
weiterführende Links
Future Meeting Space, Webseite
Future Meeting Space. Managment Summary.Projektphase 1
Veranstaltungsübersicht, www.coworking.jetzt
Konferenzen werden zu Onlinekonferenzen, Referentenblog
Bilder: Future Meeting Space
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