Meike Leopold: Cirquent Blog hilft bei Markenpositionierung

Wirkliche „Best Practises“ im Bereich des Corporate Bloggings oder generell in der neuen Öffentlichkeitsarbeit sind oftmals schwerer zu finden, als es durch die zahlreichen Engagements von Unternehmen im Social Media Bereich suggeriert wird. Häufig versperren strenge Rahmenbedingungen der Kommunikationsabteilung den Weg zu einem wirklichen Dialog mit den Kunden oder Interessenten eines Unternehmens.

Ich freue mich daher, Meike Leopold zu ihren praktischen Erfahrungen mit dem Einsatz von PR 2.0 Instrumenten bei Cirquent zu befragen. Frau Leopold verantwortet als PR Managerin der Cirquent/NTT Data Group seit mehreren Jahren die PR Aktivitäten des IT-Beratungs-Unternehmens. Durch den praktischen Einsatz konnte sie umfangreiche Erfahrungen im Umgang mit Social Media im Unternehmen gewinnen. Das vor zwei Jahren gestartete Unternehmens Blog wurde Anfang des Jahres zu den drei besten Corporate Blogs im Bereich IT gewählt.

>> Was war der Anlass, PR 2.0 einzusetzen?

Meike Leopold (M.L.): Eine Insel in Second Life – das wär’s doch! Mit dieser Idee haben wir 2007 angefangen mit der PR 2.0. Wir haben die Insel in nur drei Monaten “gebaut” und währenddessen gleich sehr viel darüber gelernt, wie das Social Web tickt. Zum Beispiel das berühmte Crowdsourcing: Ein australischer Ingenieur, den ein Kollege eines nachts in SL traf, war gleich bereit, ganz umsonst ein Zeltdach für uns zu konstruieren, das so aussieht wie das im Münchner Olympiastadium. Warum? Weil er für Autos von BMW schwärmt, das damals noch unser Eigentümer war. Heute ist es zwar stiller geworden um SL, ein Erfolg war die Insel für uns aber dennoch. Sie kann immer noch besucht werden.

>> Welches ist ihr Blog Konzept und was hebt sie von anderen Blogs in diesem Bereich ab?

M.L.: Konzept ist ein großes Wort. Bei Social Media geht es doch auch um den Spaß am Experiment – zumindest beim Start. Das Cirquent Blog hat im vergangenen März seinen zweiten Geburtstag gefeiert. Übrigens: Als wir 2008 loslegten, hatte die Computerwoche dem Corporate Blogging gerade das Ende prophezeit. Uns ging es beim Bloggen zunächst darum, vorne mit dabei zu sein, das Ganze auszuprobieren. Mit der Zeit haben wir dann natürlich gelernt, worauf es ankommt: (Kontroverse) Themen finden, Autoren motivieren und betreuen, eine gewisse Frequenz an Beiträgen liefern (mindestens drei pro Woche), die Vernetzung mit der Bloggergemeinde, Kommentare aufgreifen und das Gespräch suchen etc. Es ist uns wichtig, dass das Blog eng verbunden ist mit den Inhalten auf den verschiedenen Cirquent Websites, mit dem Newsletter oder mit Twitter. Nur wenn die verschiedenen Medien sich aufeinander beziehen und vernetzt sind, kommt Schwung in die Sache. Sie können sich gerne auf anderen Corporate Blogs aus unserer Branche umschauen. Einen ähnlich lebendigen Auftritt haben wir ehrlich gesagt noch nicht gefunden. Wir lassen uns aber gerne belehren.

Das Blog von Cirquent

>> Welche konkreten Erfahrungen haben Sie seit Einrichtung des Blogs gemacht? Gab es Reaktionen seitens Mitarbeiter, Widerstände oder unerwarteten Beistand? Mussten Sie sich für Ihre Aktivitäten im Bereich Social Media rechtfertigen?

M.L.: Die Feuerprobe kam gleich am Anfang: Eine sehr geschätzte Kollegin starb unerwartet, und das Blog verwandelte sich über Nacht in ein Kondolenzbuch. Ganz intuitiv nutzten die Kolleginnen und Kollegen die Kommentarfunktion, um ihre Trauer zum Ausdruck zu bringen. Unsere Erfahrung zeigt: Immer da, wo das Blog ganz selbstverständlich von Mitarbeitern genutzt wird, weil der Mehrwert auf der Hand liegt, läuft es auch besonders rund. Ein gutes Beispiel dafür ist der jährliche Firmenlauf in München. Oder der Blogbeitrag über dieses von Mitarbeitern gemachte erstaunliche Video, das unsere Positionierung auf spielerische Art zeigt. Insgesamt haben wir weniger mit Widerständen zu kämpfen als mit der Tatsache, dass viele Kolleginnen oder Kollegen mit dem Social Web noch nicht so vertraut sind und/oder zunächst von den Vorteilen überzeugt werden müssen, die sie vom Mitmachen haben.

>> Wie viele Mitarbeiter bloggen bei Ihnen, tun sie dieses freiwillig und wird hierfür Arbeitszeit zur Verfügung gestellt?

M.L.: Derzeit bloggen circa 15 Mitarbeiter. Arbeitszeit wird dafür nicht explizit zur Verfügung gestellt. Diese Art von Reglementierung scheint uns bislang auch nicht notwendig zu sein. Je geübter ein Autor im Schreiben und Themenfinden ist, desto eher kann er sich hier und da eine halbe Stunde abzwacken fürs Bloggen. Unser CEO Thomas Balgheim etwa nutzt gelegentlich die Zeit, in der er auf seinen Flug wartet, um Blogbeiträge auf dem Blackberry zu verfassen.

>> Welchen Nutzen können Sie durch den Einsatz des Corporate Blogs für das Unternehmen ableiten?

M.L.: Erstens: Die Zukunft gehört der Wissensgesellschaft, in der eine Kultur der Zusammenarbeit entscheidend ist. Medien wie Blogs schaffen dafür eine Grundlange, denn sie eignen sich ideal für den Dialog und den Austausch. Zweitens: Das Blog schafft Identität. Es sorgt für Differenzierung in einem Markt mit weitgehend austauschbaren Angeboten, es gibt dem Unternehmen ein Gesicht. Drittens: Mit dem Blog können wir ganz vorne mit dabei sein. Es zahlt, im Zusammenspiel mit unseren anderen Marketing-Aktivitäten, auf die Marke Cirquent ein.

>> Sie nutzen auch weitere Socialmedia Plattformen wie Twitter. Welche Erfahrungen haben sie mit der Mikro-Kommunikation gemacht und ergeben sich hierbei Synergien für das Cirquent Blog?

M.L.: Mit dem Firmenaccount http://twitter.com/cirquent sind wir seit genau einem Jahr aktiv. Ich persönlich bin schon etwas länger dabei unter http://twitter.com/leopom. Ein paar Monate alt ist http://twitter.com/cirquent_career für HR-Themen. Es gibt Studien, die Blogs und Twitter getrennt voneinander untersuchen. Das finde ich persönlich nicht sehr zielführend, weil es in der Praxis anders aussieht: Die beiden Plattformen leben nach unserer Erfahrung von ihrer Synergie. Ohne guten Content auf dem Blog (oder auf einer Website) haben Aktivitäten auf Twitter langfristig wenig Sinn. Und umgekehrt liefert Twitter mit seinen vielfältigen Diskussionen immer wieder schöne Themen für das Blog.

>> Welche Rolle spielt die Persönlichkeit für Sie bei der Kommunikation im Social Web?

M.L.: Eine ganz entscheidende! Im Social Web heißt es Flagge zeigen. Wer sich dort hinter Hochglanzphrasen versteckt oder Einbahnstraßen-Kommunikation betreibt, hat das Ganze nicht verstanden und wird meiner Meinung nach langfristig wenig erfolgreich sein. Viele scheinen einen Heidenrespekt davor zu haben, aber ein Seelenstriptease wird von mir im Social Web doch gar nicht erwartet! Es geht einfach darum, dass ich mich als Mensch ins Getümmel werfe, mit den Leuten spreche und auch meine Meinung kundtue.

>> Was empfehlen Sie anderen Unternehmen im Hinblick auf die Personalisierung von Twitter-Accounts und Corporate Blogs?

M.L.: Ich kann nur sagen, wie wir es machen. Wir haben zwei Firmenaccounts auf Twitter, aber auch etliche persönliche von mir und weiteren Kollegen. Das Zusammenspiel funktioniert gut. Auf dem Blog schreiben unserer Autoren unter ihrem Klarnamen und mit Foto. Schließlich wollen wir authentisch und glaubwürdig sein.

>> Welche Plattformen spielen für Sie in Zukunft eine Rolle? Können Sie sich beispielsweise vorstellen mit Diensten wie Foursquare oder Gowalla zu experimentieren?

M.L.:Ich könnte mir vorstellen, dass Facebook für uns eine Rolle spielen wird. Dabei denke ich vor allem an die Zielgruppe der jüngeren Bewerber. Schließlich ist der “War for talents” trotz Krise ungebrochen, und er wird weiter zunehmen. Und “die Eingeborenen” gehen zunehmend davon aus, dass ihr zukünftiger Arbeitgeber auch auf Plattformen wie Facebook präsent ist.

Vielen Dank für das Interview!

Vorträge von Frau Meike Leopold:

>> Twitternde Unternehmen (25): @Cirquent, Twittwoch e.V.
>> Theorie und Blog – deutsche IT-Unternehmen und Corporate Blogs, PR-COM
>> PR 2.0 Practices Meike Leopold, Video Kongress Media
>> Interview mit Erik Händeler, Autor und Zukunftsforscher,  innovativ.in Business-Blog
>> Social Media-Expertenrunde: Meike Leopold, Addison-Wesley
>> Interview mit Meike Leopold: Corporate Blogging als Erfolgsfaktor, Le Gourmand
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1 Kommentar
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