Mehr Frauen auf die Bühnen!

Es ist ein allbekanntes Bild auf Konferenzen, Podien oder im Fernsehen: Viel weniger Frauen sprechen dort als Männer. Manchmal sind die Männer sogar ganz unter sich! Das ist schade, denn viele Perspektiven, Themen und Ansichten gehen dabei verloren. Lässt sich das ändern? Sicher!

50prozent.speakerinnen.org

Der erste Schritt zur Veränderung ist es, die Unausgeglichenheit vieler Veranstaltungen bei der Besetzung der Rednerlisten zu konstatieren und öffentlich zu machen. Das tut die 50-Prozent-Datenbank der Initiative speakerinnen.org auf eindrückliche Weise. Seitdem sie online gegangen ist, hat sie 507 Veranstaltungen gezählt und ausgewertet: Von gut 25.000 Rednerinnen und Rednern waren nur wenig mehr als ein Viertel Frauen. Veranstaltungen zu den Themen Finanzen, Banken oder Automobil haben immer mal wieder einen 100 Prozent Männeranteil, auch die Themen Sicherheit, Bauen oder Versicherung tendieren dorthin.

Speakerinnen.org

Einer Gruppe von Fachfrauen bewog dieses Missverhältnis vor vier Jahren zur Gründung von speakerinnen.org, einem Netzwerk von und für Frauen mit dem Ziel, „die Sichtbarkeit von Frauen überall da zu steigern, wo öffentlich gesprochen wird“. Frauen können sich seitdem in eine Speakerinnen-Liste mit ihren Daten und Themen eintragen und Veranstalterinnen und Veranstalter finden dort leichter Expertinnen für ihre Events. Inzwischen haben sich über 2000 Frauen beteiligt.

Mit der Datenbank reagierten die Macherinnen auf die häufig von Veranstaltern zu hörende Aussage, man habe ja keine geeigneten Frauen finden können. Ebenfalls oft zu hören: Der geringe Anteil an Speakerinnen hänge vor allem damit zusammen, dass zum Beispiel in der Technikbranche mehr Männer arbeiten. Doch die Liste zeigt unter dem Stichwort Wissenschaft &Technik immerhin 912 Speakerinnen an! Selbst in Branchen, in denen ausgeglichene Geschlechterquoten herrschen, sprechen mehr Männer auf Konferenzen. Die Gründe für das Missverhältnis liegt wohl eher in männlich dominierten Netzwerken und in den Köpfen der Veranstalter.

Digital Media Women

Auch die Digital Media Women „arbeiten für mehr Sichtbarkeit von Frauen auf allen Bühnen – ob Konferenzen, Fachmedien oder Management Board“ Sie sind ein weiteres Netzwerk von Macherinnen, die sich verbunden haben, um „der digitalen Tranformation positiv zu begegnen und sie aktiv mitzugestalten“. Frauen sollen gleichberechtigt teilhaben und Einfluss nehmen, unterstützt und vernetzt werden sie dabei durch Themenabende und Austausch, aber auch durch Weiterbildungsangebote. Über 125 Ehrenamtliche in acht Städten kümmern sich aktiv um diese Ziele.

Women Speaker Foundation und Global Digital Women

Auch die Unternehmensberaterin Regina Mehler und Tijen Onaran, Gründerin einer PR und Public Affairs Beratung, entdeckten irgendwann das Fehlen von Frauen auf den Podien in Wirtschaft und Gesellschaft. Mehler gründete 2010 mit der Women Speaker Foundation eine Rednerinnenagentur. Onaran vernetzt mit Women in Digital e.V. Entscheiderinnen der Digitalbranche und macht diese sichtbar, seit 2018 auch international mit dem Netzwerk Global Digital Women.

Frauen und Veranstalter müssen selbst aktiv werden

Doch was können Veranstalter und Frauen selbst tun, um eine stärkere weibliche Präsenz zu erreichen? Nora-Vanessa Wohlert hat in einem Beitrag dazu ein paar hilfreiche Hinweise geliefert.

Frauen sollten sich ihrer Meinung nach mehr zutrauen und Anfragen zu Veranstaltungen häufiger zusagen. Hilfreich sei es auch, sich selbst ins Spiel zu bringen, also Konferenzveranstalter zu kontaktieren oder sich an Call for Papers zu beteiligen. Wohlert rät Frauen daneben, Expertise fernab der Bühne aufbauen, mit „Artikeln, einem Twitter-Account, klugen Facebook-Posts oder über Expertenstatements in der Presse“. Frauen sollten eigene Netzwerke gründen und sich gegenseitig weiterempfehlen und „Konferenzen, die ganz schlechte Arbeit bei der Besetzung von Panels geleistet haben, nicht besuchen“.

Konferenzveranstalter müssen Frauen signalisieren, dass sie sie unbedingt wollen und zwar auf Grund ihrer Expertise. Auf keinen Fall sollten sie „Speakerinnen anfragen, weil man noch eine Frau auf dem Panel benötigt“. Mehr weibliche Präsenz können Veranstalter mit dem Anspruch „unterschiedliche Persönlichkeiten zu gewinnen“ und der Überzeugung erreichen, dass „eine Konferenz nur dann gut wird, wenn auch jemand da ist, den man noch nicht überall gesehen hat und unterschiedliche Charaktere aufeinander treffen.“ Unterstützung können sie sich bei den oben beschrieben Netzwerken holen.

Welche Erfahrungen habt ihr hierzu gemacht und welche weiteren Netzwerke könnt ihr empfehlen? Ich freue mich auf euer Feedback.

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Weiterführende Links
Der ultimative Guide: So gewinnt man mehr weibliche Speaker, editionf 3/2016
8 Blogs von Fachfrauen und Speakerinnen, Referentenblog 4/2017

 

1 Kommentar
  • Gitta
    Veröffentlicht: 08:38h, 11 August

    Liebe Renate,

    Danke für diesen Beitrag. Leider gibt es gerade bei Konferenzen in der Immobilienbranche noch zu wenig Präsenz von Frauen auf der Bühne. Ein gangbarer Weg ist hier, die Veranstalter direkt anzusprechen und sich als Expertin eines Fachgebietes vorzustellen. Das Angebot, einen Vortrag oder eine Diskussionsrunde zu übernehmen, stößt häufig auf dankbaren Boden.

    Die Eigeninitiative hilft dabei, sich als Frau zu positionieren. Eigentlich schade, dass es nicht von selbst so läuft, aber scheinbar sind wir auch im Jahr 2018 noch nicht überall soweit.

    Viele Grüße
    Gitta

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