Schluss mit Powerpoint und Frontalvortrag?

Frontalvorträge und Powerpoint, Anzug und Krawatte sollen bei beruflichen Tagungen nun endgültig out sein. Ist das so? Und sind diese Entwicklungen eigentlich so neu, wie sie gerade wieder einmal durchs Dorf getrieben werden?

Manchmal ist es hilfreich, wenn man über ein aktuelles Thema wie neue Veranstaltungsformate für einen Blogbeitrag nachdenkt, einmal im eigenen Blog nachzuschauen, ob diese neuen Veranstaltungsformate wirklich so aktuell und der neueste Hype sind.

Da lese ich dann im Dezember 2009, dass die Barcamps zu den beliebtesten Social Media Events gehören oder zwei Jahre später, dass immer mehr neue Veranstaltungsformate wie Barcamps, Pecha Kucha, Mobile Monday, Nerd Nite, Social Web Breakfast oder Social Media Club Bewegung in das Dasein von Referenten bringen. Im August 2012 waren wohl DIY-Veranstaltungen DER Trend im Veranstaltungssektor, denn heute könne  jeder einen Event organisieren und mittels Crowdfunding leicht finanzieren. Und im Dezember 2014 setzen auch die Konferenzanbieter bei ihren Veranstaltungen stärker auf Offenheit, Agilität, Vernetzung und Partizipation. Open Space lautete eines der Zauberworte und nach der Legende ging es dem Erfinder Harrison Owen darum, die Kaffeepausen als Konferenzform zu etablieren.

Also – alles schon einmal dagewesen? Nun, die Trends gibt es einfach schon länger, nämlich dass Frontalformate durch Dialogformate ersetzt werden, dass das Bedürfnis nach spontanem Austausch bei den neuen Veranstaltungsformaten berücksichtigt wird, dass die Teilnehmer von Konferenzen und Tagungen stärker beteiligt werden wollen anstatt stundenlang den Erfolgsgeschichten von allwissenden Speakern zuzuhören. Wenn man dann noch weiß, dass 80 Prozent dessen, was ein frontal Vortragender sagt, das Publikum gar nicht aufnimmt, wie der Pädagoge und Kreativitätsforscher Olaf Axel Burow von der Universität Kassel festgestellt hat, und dass gerade Interaktionen beim „Synchronisieren“ unseres Gehirns hilfreich sind, dann ist die Suche nach neuen Formaten schon allein im Interesse von Zeit und Ressourcen unabdingbar.

Visuell führt

Gehirn auf Inhalte gepolt
Bild: copyright Prezi

 

Moderne Konferenzmethoden

beziehen die Teilnehmer sehr viel stärker mit ein. Burow fasst es so zusammen: „Man muss die Weisheit der vielen nutzen.“ Das kann in unterschiedlichen Formen passieren:

Bei Open-Space-Konferenzen wählen die Teilnehmer die Themen selbst aus, über die sie sprechen möchten und organisieren dazu Arbeitsgruppen.

Barcamps, die sogenannten Unkonferenzen, sind inzwischen ein festes Format geworden. Sie setzen bewusst keine Tagesordnung, haben keine festen Teilnehmerlisten, sondern am Thema Interessierte strukturieren die Konferenz spontan und arbeiten gemeinsam an den gewählten Themen. Während des Konferenztages gibt es Präsentationen, Vorträge, Workshops und Diskussionen der Teilnehmer untereinander.

Bei einer World Café-Veranstaltung führen Menschen in kleinen Gruppen Gespräche miteinander – an kleinen Tischen sitzend in einer zwanglosen, vertrauensvollen Atmosphäre, die an ein Kaffeehaus erinnert. Im Verlauf mehrerer Gesprächsrunden wechseln die Teilnehmer mehrmals von Tisch zu Tisch, um ihre Ideen und Sichtweisen zu einem Thema, das sie privat oder beruflich berührt, mit denen anderer zu verknüpfen. Auf diese Weise kommt es zu einem intensiven Wissens- und Erfahrungsaustausch, aus dem sich ein immer dichteres Netz aus Ideen und Erkenntnissen entspinnt.

Roundtable-Gespräche dienen der Vernetzung und auch der Community-Bildung. Bei Science Slams stellen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ihre Forschungen in Form eines Vortragswettbewerbes vor und am Ende bestimmt das Publikum wer die oder der Beste war.

„Mitmachen“ fördert insgesamt nicht nur eine Emotionalisierung der Teilnehmer, sondern ermöglicht auch neue Wege umfassender Wissensvermittlung und des Austausches. Solche Formate können übrigens auch zum Alleinstellungsmerkmal einer Veranstaltung werden!

Spielerisches ist im Kommen

Neben diesen neuen Methoden werden auch immer häufiger spielerische Elemente für Konferenzen genutzt. Am berühmtesten ist wohl die „Marshmallow Challenge“ – eine Übung, in der Kleingruppen gemeinsam Türme aus Marshmallows und ungekochten Spaghetti bauen und anschließend als Gruppe über ihr Verhalten reflektieren.

Aber auch speziell kreierte Computerspiele können Tagungen und Seminare auflockern und spezielle Wege der Erkenntnis bieten. Wie viele solcher Mitmach-Methoden und spielerischen Elemente für eine Veranstaltung zuträglich sind hängt von der Branche, den Beteiligten und vom Thema ab.

Die „Gefahr“, dass Sie bei einem Ihrer nächsten Veranstaltungsbesuche einen Turm aus Spaghettis und Marshmallows bauen müssen, ist sicher nicht allzu groß. Aber eventuell könnte es neben den üblichen Frontalvorträgen doch die eine oder andere Mitmachaktion geben! Vielleicht berichten Sie ja einmal kurz davon in den Kommentaren zu diesem Artikel? Ich würde mich freuen!

Foto: Josh Hallett, flickr

 

Weiterführende Links

Langweilige Tagungen Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!, FAZ vom 8.6.2016

Partizipation statt Langeweile – Neue Konzepte für interaktive Veranstaltungsformate  Mexcon

Umfrage: Barcamps beliebter als andere Social Media Events, Referentenblog

Referentenvorträge mal ganz anders, Referentenblog

DIY statt TED? Neue Veranstaltungsformate erobern den Markt, Referentenblog

Mehr Zeit für das Networking in der neuen Veranstaltungswelt, Referentenblog

Keine Kommentare

Hinterlassen Sie einen Kommentar